von Dr. Thomas Hansen

26. Apr 2024

BGH, Urteil vom 26.1.2024 - V ZR 162/22

Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhal-tung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhal-tungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Dies gilt grundsätz-lich auch bei der Bewirkung von Zahlungen.

Der Fall

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt die Erneuerung der Dacheindeckung und beauftragt hierfür einen Werkunternehmer mit einem Volumen von über 100.000 Euro. Für noch zu beschaffendes Material stellt der Unternehmer Abschlagsrechnungen, auf die der Verwalter zahlt. Nach Beginn der Arbeiten zahlt der Verwalter ohne Vorlage von Rechnungen erneut an den Unternehmer. Bei einem Baufortschritt von 85% bis 90% werden die Arbeiten eingestellt. Die WEG verlangt vom Verwalter Schadensersatz in Höhe der geleisteten Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der An-sprüche gegen den Unternehmer.

Die Entscheidung

Der Verwalter hat hier pflichtwidrig gehandelt. Laut BGH gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist der Verwalter verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind; für ihn erkennbare Mängel muss er berücksichtigen. Der Verwalter muss die Abschlagsrechnung außerdem daraufhin durchsehen, ob sie zum Auftrag und dem Leistungsstand passt. Eine Abschlagszahlung für Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, erfordert - abgesehen davon, dass die Stoffe oder Bauteile den vertraglichen Vorgaben entsprechen müssen - außerdem, dass der WEG nach ihrer Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird..

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Anmerkung

Aber auch dann, wenn der Verwalter seinen Pflichten genügt, kann er laut BGH in der Haftung stehen. Stellt sich nämlich heraus, dass der Verwalter nicht selber über die erforderlichen Kenntnisse für die Prüfung der Werkleistung verfügt, kann er sich (auch) nicht darauf berufen, dass er allein aufgrund mangelnder Fachkunde Mängel der Werkleistung nicht erkannt habe. Hat es nämlich der Verwalter bei mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen umfangreichen baulichen Maßnahmen unterlassen die Eigentümer auf seine fehlende Fachkompetenz hinzuweisen und es zudem unterlassen, eine Beschlussfassung über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute vorzubereiten, kommt dem Verwalter seine mangelnde Fachkunde nicht als „Entschuldigung“ zugute. Vielmehr geht der BGH davon aus, dass die Eigentümer nach einem solchen Hinweis des Verwalters auch einen entsprechen-den Beschluss zur Beauftragung eines Sonderfachmanns gefasst hätten. Insoweit lässt sich zusammen-fassen: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“ 


Dr. Thomas Hansen

IKB Fachanwälte, Berlin

geboren 1966 in Aachen, Studium und Referendariat in Würzburg und Frankfurt am Main, angestellter Rechtsanwalt 1998 in Frankfurt/Main und Berlin, selbständig seit 2004, Fachanwalt für für Miet- und WEG-Recht seit 2008, Prüfer bei der IHK Berlin.

Dr. Thomas Hansen wirkt am Nomos “Stichwortkommentar Wohnungseigentumsrecht” unter der Leitung von RiKG a.D. Dr. Elzer mit. Das Buch kann beim Verlag hier bestellt werden. Er ist eine Gemeinschaftsarbeit von insgesamt 33 auf das WEG-Recht spezialisierten Juristen.

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